TÜRKISCHE KLASSISCHE MUSIK

KOMPONISTINNEN

Frauen in der Osmanischen Musikalischen Tradition

Ein wichtiger Charakterzug der 500-Jaehrigen Osmanischen musikalischen Tradition ist, dass sie sich mit dem Beitrag von Frauen, als Komponistinnen, Darstellerinnen oder sogar Lehrerinnen der Türkischen Musik, entwickelt und sich bis zum heutigen Tage am Leben gehalten hat. Die musikalischen Aktivitäten der Osmanischen Frauen sollten nicht nur untersucht werden um Osmanische Tradition besser zu verstehen, sondern auch um die Rolle von Frauen in der Musik der modernisierenden Türkischen Gesellschaft zu verstehen.

Osmanische Frauen haben zusehends in Städten gearbeitet und trugen dadurch zur städtischen Musiktradition bei. Mit der Ausnahme von der religiösen ayin/zikr Musik innerhalb der religiösen Kreise in den Städten, diente die säkulare städtische Musik wie meist andere Feinarten der Unterhaltung.

Wie Männer, bekamen auch Frauen, die an der städtischen Musik beteiligt waren, mehr oder weniger eine Ausbildung. Stadtfrauen, die Musik liebten, waren mit Gesang allein nicht zufrieden, sie fühlten darüber hinaus den Drang Instrumente zu spielen.

Die meisten alten Dokumentationen von Musik darstellenden Frauen sind aus dem 16. Jahrhundert. Aus dieser Zeit überlebten auch Abbildungen. Prof. Dr. İsmail Hakkı Uzuntarsli, welcher die Ausgabenkonten und Waffeneintragungen in den Archiven des Topkapi Palastes untersuchte, zitierte ein Dokument, welches aufzeigt, dass während der Herrschaft unter dem Sultan Süleyman, dem Gesetzgebenden, (Süleyman, dem Großartigen) das Musiker Ensemble, Cemaat-i Mutriban, Spieler der Ceng oder der Osmanischen Harp einsetzte. Zu dieser Zeit, wurde die Ceng von Frauen gespielt. Quellen zeigen auf, dass dieses Instrument nicht nur im 15., sondern auch im 16. Jahrhundert im Palast gespielt wurde. Im 17. Jahrhundert, war die Ceng ein typischees ?Fraueninstrument?. Im Jahre 1639, kam ein französischer Handelsmann namens Du Luir mit dem französischen Botschafter Jean de la Hayenach für siebzehn Monate nach Istanbul. Nachdem er feststellte, dass Türken während dem Essen Musik hörten, erzählte er uns, dass bei einem Essen zu dem er eingeladen war die Frauen hinter einem Vorhang saßen und der Musik lauschten, die erst von Männern und dann nur von Frauen gespielt wurde. Wenn diese Frauen, die cengi genannt wurden, ceng spielten, spielten andere Frauen ein halsiges Instrument mit einem runden Körper, der als ?kemance? (rebab oder ikligi) bezeichnet wurde und ein schlagzeug-artiges Instrument (Tambour de Biscaye); während andere sowohl sangen als auch mit Kastagnetten- ähnlichem calpara tanzten. Im 18.Jahrhundert waren nur sehr wenige Spieler der ceng übrig geblieben und im 19. Jahrhundert wurde es komplett aufgegeben, so dass die Ceng sehr baldan Ruhm verlor. Es gibt eine alte Aufnahme bezüglich der musikalischen Aktivitäten der Palastfrauen im 17.Jahrhundert. In 1650 veröffentlichte Ottavion Bon ein Buch, in welchem er Informationen über das Osmanische Palastleben bereitstellt. In diesem Buch, stellt Bon fest, dass junge Konkubinen, die Instrumente spielten, sangen, tanzten und die je nach Wunsch frei den Palast betreten oder verlassen konnten unter der Voraussetzung, dass sie die Türhüter informierten.

Wir lernen ausserdem, dass es während der Herrschaft Mehmets IV, musikalisch-trainierte Konkubinen auch im Harem gab. Zwischen den Konkubinen, die ney, tanbur, kemance, kanun, santur, ceng, cogur, musikalr, Violine und Daire spielten, gab es welche, die mit Herren ein Windinstrument bekannt als Nefir zu spielen lernten.
Die Palastkonkubinen nahmen Unterricht von männlichen Musikern in der Stadt und blieben Wochen in den Häusern ihrer Meister. Zusätzlich zu den bekannten Musikern der Stadt, gab es auch Musiker, die im Palast arbeiteten und den Haremkonkubinen Unterricht gaben. Musikerinnen, die in der Stadt trainiert wurden, wurden manchmal in den Plast aufgenommen.

Osman III, der nach dem Tod seines älteren Bruders, Mahmud I, den Thron bestieg, mochte die Musik ganz und gar nicht und gab den musikalischen Aktivitäten nicht nur im Harem, sondern auch im ganzen Palast, ein Ende. Dennoch, wurde die Musik mit seinen Nachfolgern Mustafa III und Abduelhamid I wieder ins Leben gerufen und im Harem eingeführt. Der Venezianische Beobachter, Toderini, der in der Zeit zwischen 1781-1785 in Istanbul war, identifiziert die Kanun als ?ein Instrument, dass von Frauen im Palast gespielt wird?. Musikalische Aktivitäten im Palast wurden sogar unter der Herrschaft von Selim III erweitert. Wir wissen, dass es unter der Herrschaft von Selims Nachfolger Mustafa IV, eine Pause in die Aktivitäten eintraf. Jedoch, unter der Herrschaft von Mahmud II, Abduelmecid und Abduelaziz, gewann musikalische Darstellung ihre vorherige Lebhaftigkeit, sowohl im Harem als auch im Palast wieder. In 1826, zwei Jahre nach der Abschaffung der Mehter Band und der Gründung der Mizika-i Huemayun (Militärsband), wurden im Palast eine Musikgruppe im Stile des Westens und ein Orchester geschaffen. Von Lyel Hanim (Saz), der Tochter vom Palastarzt Ismail Pascha, lernen wir, dass es eine Band und ein Orchester mit 60 Mitgliedern mit nur Frauen die im Harem gab. Die Teilnahme von Frauen in der Musik war eine solch alte und gut- etablierte Tradition, dass diese sogar in zeremonieller Musik praktiziert wurde, auch wenn es streng gesehen nicht hätte praktiziert sollen. Man konnte diese Musikgruppen, die aus Frauen bestanden, nicht nur im Palast des Herrschers, sondern auch in den Palästen und in den Herrenhäusern der Prinzen finden. Musikalische Aktivitäten waren nicht nur eine Form von Unterhaltung für den Palast oder für die Häuser in den Kreisen des Palastes, sie waren eher unentbehrlicher Teil der Unterhaltung in den Häusern von all wohlhabenden Musikliebhabern. Die Tanzimat, oder die Reformperiode, brachte Klavier und Violine in den Kreis der anderen Instrumente. Leyla Saz, die sehr gut mit dem Alltagsleben im Palast und den grossen Herrenhäusern in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts bekannt war, berichtet, dass fast alle Bediensteten im Harem ?Musiker und Instrumentalisten? waren.

Sie beobachtet ausserdem, dass die Erziehung der Bediensteten von der Frau des Sultans und der Prinzessinnen die Lehre des Korans, der Osmanischen Geschichte, Poetik, Bücher und Zeitungen, und auch Musikunterricht in Klavier, Violine und Lavta, enthielt.

Wir wissen sehr wenig über das Leben und den Werken von Komponistinnen des 17., 18., und frühes 19. Jahrhundert. Vom 19. Jahrhundert kennen wir Dilhayat Hanim. Musikerinnen, die im 19. und frühem 20. Jahrhundert entschienen, enthalten:

Leyla Saz (1850-1936), Kevser Hanım (19th-20th century), Menekşe Kalfa (19th-20th century), Sadiye Barış (1872-1953), Sair İlhan Raif Hanım (1877-1926), Faize Ergin (1884-1954), Ayşe Sultan (1886-1954), Hatice Sultan (19th-20th century), Bedriye Hoşgör (1889-1968), Mufide Kadri Hanim (1890-1912), Mediha Hanım (19.JJ-20.JJ), Nigar Galip Ulusoy (1890- 1966), Karaosmanzade Cavide Hayri Hanım (19. ? 20. Jahrhundert), Semiha Kambay (1898-?), Leman Hanım (19. -20. Jahrhundert), Hikmet Hanım (19.-20. Jahrhundert, Kemani Enise Can (1896-1975), Nebile Hanım (19.-20. Jahrhundert), Tanburi Sakine Hanım (19.-20. Jahrhundert), Fatma Nuri Hanım (19.-20. Jahrhundert), Mehveş Hanım (19.-20. Jahrhundert), Nebahat Soner (1903-1955), Mebruke Cağla (1904-), Neveser Kökdeş (1904-1962) und Fulya Akaydın (1908-1975).

Quellenangabe:
Bülent Aksoy, ?Women in the Ottoman Musical Tradition?, Osmanlı, 10:788-813, Ankara: Kültür ve Sanat, Yeni Türkiye Press, 1999.